Gross Schijen - Direkte Südkante 6b+

30.10.2024

Der Gross Schijen am Oberalppass führt in den Urner-Alpen eher ein Schattendasein. Die grosse Anziehungskraft vom Göscheneralptal, Teufelstalwand und der Furka lässt in etwas im Abseits stehen. Und dennoch führt mit der "Direkten Südkante" eine extrem ästhetische Route auf diesen Berg. Die meisten Seilschaften seilen nach der eigentlichen Kletterei ab, was auch durchaus Sinn macht. Mit 3x45m erreicht man wieder den Wandfuss und kann auf die Mitnahme der Bergschuhe verzichten.

Im Jahr 2011 (Link) kletterte ich bereits einmal diese Route. 11 Jahre später stand ich mit meiner Frau Stefanie am Einstieg. Das Wetter war kühl-neblig und die Wand hie und da feucht. In der Boulderstelle gleich am Anfang der zweiten Seillänge schnappte bei mit die "Beinfalle" zu und ich fiel mit voller Wucht mit dem Schulter-, Nackenbereich und Hinterkopf auf die Felskante hinter dem Standplatz. Da der Standplatz rechts gebohrt war und die Boulderstelle vor dem zweiten Bohrhaken stattfand, war diese Gefahr gar nicht verhinderbar. Eine Helikopterrettung mit der Rega war nötig und ich überlebte das ganze nur durch Glück ohne bleibende Schäden. (Beinfalle: Wenn man beim Sturz das Bein hinter dem Seil hat und es einem dadurch den Körper nach unten dreht.)

Nochmals 3Jahre später war es nun also wieder soweit. Ich hatte die Idee, durch die Mitnahme einer Bohrmaschine den Standort des Standplatzes nach der ersten Seillänge gegebenenfalls etwas zu optimieren. Und siehe da, am Einstieg stellten wir fest dass jemand die Route bereits saniert hatte. Es steckten an gewissen Orten nun gefühlsmässig mehr Bohrhaken. Nur der besagte Standplatz war immer noch an derselben Stelle. So entschieden wir uns trotzdem einen neuen Standplatz zu setzen, welcher den Stil der Route nicht im geringsten verändert, jedoch dieser gefährlichen Beinfalle entgültig ein Ende setzt. Nun kann man so sichern, dass das Seil vom Stand in gerader Linie zu den ersten Bohrhaken führt.

Gross Schijen - Direkte Südkante

Sl. 5c+: Die Route beginnt am ausgeprägten Riss, welcher wie eine Linie bis zum höchsten Punkt des "Vorbaus" führt. Rechts davon befinden sich 3 Einseillängen-Routen. Was für eine tolle Seillänge. Die Bohrhaken stecken in fairen Abständen und eine zusätzliche Absicherung mit Cams ist nicht nötig.
Sl. 6b+: Die Crux befindet sich gleich am Einstieg. Seit der Sanierung stecken die Bohrhaken so, dass man noch einfacher A0 klettern könnte. Es muss auf sehr kleinen Tritten angetreten werden und die Griffe sind auf den ersten Metern nicht wirklich gut. Hat man sich übver den zweiten Bohrhaken bewegt, wird es kurz mal deutlich einfacher. Die Seillänge ist jedoch bis zum Schluss anhaltend, aber auch mega cool!
Sl. 6a: Zuerst gestuft etwas nach links hoch, dann über etwas "lose" Schuppen hinauf an die kompakte Wand. Die Crux ist der Übergang auf die Schlussplatte, wo jedoch ein Bohrhaken steckt. Diese Platte ist gespickt mit Chickenheads und auch extrem schön zu klettern.
Sl. 5b: Die alte Südkante geht direkt links um die Ecke in die Verschneidung. Die direkte Südkante geht gerade hoch über den Pfeiler dieser Verschneidung. Es stecken Bohrhaken, die Seillänge bietet jedoch auch gutes Übungsgelände zum selberlegen und lässt sich prima clean Klettern.
Sl. 5c: Seit der Sanierung ist auch diese Seillänge bestens abgesichert. Man klettert unter das kleine Dach, macht einen Quergang nach links und erreicht schöne Risse welche hinauf zum Wandbuch führen.
Sl. 5b: Im Topo noch mit 6a?? bewertet, wurde ich aus dieser Seillänge nicht ganz schlau. Man klettert im 5b-Bereich gerade hoch und dann führt die Route nach links auf den Rücken. Irgendwie hatte ich in Erinnerung dass man länger in der Wand klettert. Anyway, die schönsten Meter sind sowieso vorbei. An der Kette kann man anschliessend durch die Ostwand abseilen.

Fazit: Mega Linie. Zwischendurch etwas unterbrochen durch Bänder und Podeste. Die Mitnahme von zusätzlichem Sicherungsmaterial ist nicht zwingend notwendig.

Material: 2x50m, 12Express, Abseilmaterial, Helm

Die Südkante